Für Arbeitnehmer gilt seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das vor Benachteiligung, Diskriminierung und Belästigung schützen soll.

arbeitnehmer allgemeines gleichbehandlungsgesetz

Haben Sie offene Fragen zum Thema? Melden Sie sich gerne bei uns unter: 09431 998 00 50

Beschäftigte dürfen nicht wegen bestimmter – im Gesetz aufgeführter – persönlicher Merkmale und Gründe unterschiedlich behandelt werden, ohne dass es hierfür eine nachvollziehbare und im Zweifel auch beweisbare Rechtfertigung gibt.

Das AGG soll auch vor sexueller Belästigung schützen. Der Arbeitgeber muss alles tun und alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, damit es in seinem Betrieb nicht zu Benachteiligungen, Diskriminierungen oder Belästigungen kommt.

In diesem Beitrag zeigen wir, was das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist, aus welchen Gründen eine Benachteiligung unzulässig ist, welche Rechte Arbeitnehmer haben und aus welchen Gründen bestimmte Benachteiligungen zulässig und gerechtfertigt sein können.

Inhalte der Seite

1. Was ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein in 2006 in Kraft getretenes Gesetz, mit dem die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU in deutsches Recht umgesetzt wurde. Das AGG löste das Beschäftigtenschutzgesetz ab, das Beschäftigte ausschließlich vor sexueller Belästigung schützen sollte. Der Schutz des AGG geht jedoch über den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz hinaus und soll auch vor Diskriminierung und Benachteiligung aus bestimmten Motiven schützen.

Persönliche, personenbezogene Merkmale im Gesetz

Das AGG soll Menschen vor Benachteiligungen wegen bestimmter im Gesetz genannter persönlicher Merkmale oder Motive schützen. Eine abschließende Aufzählung der personenbezogenen Merkmale findet sich in § 1 AGG:

  • Rasse – Das Gesetz erkennt nicht an, dass es verschiedene „Rassen“ von Menschen gibt. Rassistisch motivierte Benachteiligungen können aber vorliegen, wenn jemand Rassenunterschiede unterstellt.
  • Ethnische Herkunft – Die ethnische Herkunft knüpft an die kulturelle Herkunft an.
  • Geschlecht – Hier ist das biologische Geschlecht gemeint. Auch transsexuelle und intersexuelle Menschen sind vor Benachteiligungen aufgrund dieses persönlichen Merkmals geschützt. Die sexuelle Orientierung fällt jedoch nicht unter das Merkmal Geschlecht.
  • Religion – Hierunter fallen kleinere und größere Religionsgemeinschaften, aber auch der Glaube an keine Religion. Unter den Schutz fallen sowohl alteingesessene Religionsgemeinschaften als auch neu gegründete oder unbekannte religiöse Gruppen.
  • Weltanschauung – Die Weltanschauung umfasst die Gewissheiten eines Menschen über die Welt als Ganzes sowie über den Ursprung und das Ziel des menschlichen Lebens. Politische Überzeugungen fallen jedoch nicht darunter, da politische Überzeugungen keine Aussagen über Ursprung und Ziel des Daseins machen.
  • Behinderung – Eine Behinderung im Sinne des AGG kann bereits dann vorliegen, wenn eine Person in ihrer Fähigkeit, ein individuelles und selbstbestimmtes Leben zu führen, längerfristig beeinträchtigt ist. Auf eine festgestellte Schwerbehinderung, d.h. einen Grad der Behinderung von mehr als 50, kommt es nicht an.
  • Alter – Das Merkmal Alter bezieht sich auf jedes Lebensalter, also sowohl auf jüngere als auch auf ältere Menschen. Dieses Merkmal soll jedoch in erster Linie ältere Menschen schützen, damit diese möglichst lange in ihrem Arbeitsverhältnis verbleiben können.
  • Sexuelle Identität – Eine Benachteiligung wegen der sexuellen Identität liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung (z.B. schwul, lesbisch, bisexuell etc.) diskriminiert wird. Auch wenn aufgrund des Begriffs „sexuelle Identität“ der Schluss gezogen werden könnte, dass darunter auch eine Benachteiligung wegen der eigenen Geschlechtsidentität fallen könnte, fällt eine solche Benachteiligung unter das personenbezogene Merkmal Geschlecht. Unter das Merkmal der sexuellen Identität fällt eine Benachteiligung wegen der Präferenz einer Person bei der Wahl ihrer Sexualpartner oder Lebenspartner.

Eine Benachteiligung wegen anderer personenbezogener Merkmale ist nach den Regelungen des AGG ausgeschlossen, da die Aufzählung der personenbezogenen Merkmale abschließend ist.

ungleichbehandlung-am-arbeitsplatz

 

Mehr zum Thema Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz erfahren Sie in diesem Beitrag

2. Für wen gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?

§ 6 AGG regelt, für welche Personen das Gesetz gilt. Das AGG soll in erster Linie Beschäftigte, also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende, vor Benachteiligungen schützen. In den persönlichen Schutzbereich des AGG fallen auch Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter, ihnen Gleichgestellte und arbeitnehmerähnliche Personen.

Zu den arbeitnehmerähnlichen Personen zählen vor allem Selbstständige wie freie Mitarbeiter, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages beschäftigt werden. Voraussetzung ist, dass zwischen dem freien Mitarbeiter und seinem Auftraggeber eine gewisse Dauerbeziehung besteht. Außerdem muss eine Beziehung bestehen, die der Schutzwürdigkeit eines Arbeitsverhältnisses nahe kommt und eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit begründet. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein freier Mitarbeiter weit überwiegend für einen Auftraggeber tätig ist.

Das AGG gilt auch für Stellenbewerber und ehemalige Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. In einem beschränkten Maß kann das AGG auch für Geschäftsführer und Vorstände gelten.

3. Wann gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?

Eine ungerechtfertigte Benachteiligung aufgrund der genannten personenbezogenen Merkmale ist verboten. Dabei unterscheidet das Gesetz verschiedene Formen der Benachteiligung: die unmittelbare und die mittelbare Benachteiligung, die Belästigung, die sexuelle Belästigung und die Anweisung zu einem solchen Verhalten.

Unter unmittelbarer Benachteiligung versteht man die weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt z.B. vor, wenn eine Bewerberin eine Stelle nicht bekommt, weil sie eine Frau ist.

Bei der mittelbaren Benachteiligung gibt es Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren, die zwar neutral sind, aber faktisch diskriminierend wirken. Dem Anschein nach gibt es also neutrale Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren. Tatsächlich werden sie jedoch zur Benachteiligung von Personen eingesetzt. Eine mittelbare Benachteiligung kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber unter dem Vorwand der Lohnkürzung nur den Lohn der ausländischen Beschäftigten kürzt, nicht aber den Lohn vergleichbarer inländischer Beschäftigter.

Eine Belästigung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen erfolgen, die geeignet sind, die Würde einer Person zu verletzen und die Gründe unter einen der in § 1 AGG genannten personenbezogenen Gründe fallen. Eine Belästigung liegt auch vor, wenn eine von Einschüchterungen, Erniedrigungen, Anfeindungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnete Atmosphäre geschaffen wird.

Sexuelle Belästigung umfasst jedes unerwünschte, sexuell bestimmte Verhalten. Dazu gehören unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen. Durch ein solches Verhalten kann eine von Einschüchterungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen geprägte Atmosphäre geschaffen werden.

Weist eine Person eine andere Person an, eine der genannten Benachteiligungen oder Belästigungen zu begehen, liegt bereits in der Anweisung eine Benachteiligung. Eine solche Anweisung kann bereits darin liegen, dass der Arbeitgeber einen Personalverantwortlichen anweist, keine Frauen oder Ausländer einzustellen. Eine solche Weisung ist unwirksam.

4. Welche Ansprüche aus dem AGG können Mitarbeiter haben?

Im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung, Belästigung oder Diskriminierung stehen den Betroffenen nach dem AGG drei Rechte zu, die in den §§ 13 bis 15 AGG geregelt sind: das Beschwerderecht, das Leistungsverweigerungsrecht und der Schadensersatz-/Entschädigungsanspruch.

Beschwerderecht

Wenn Betroffene wegen eines der personenbezogenen Merkmale aus § 1 AGG benachteiligt, diskriminiert oder belästigt wurden, können sie sich an den Arbeitgeber oder die zuständige Stelle des Betriebes wenden und sich dort beschweren (§ 13 AGG). Der Arbeitgeber bzw. die zuständige Stelle muss die Beschwerde prüfen und der betroffenen Person das Ergebnis mitteilen.

Leistungsverweigerung

Liegt eine Benachteiligung, Diskriminierung oder Belästigung vor, die nach den Vorschriften des AGG zu unterbinden ist, muss der Arbeitgeber reagieren und Maßnahmen zur Unterbindung ergreifen. Ergreift der Arbeitgeber jedoch keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen, die nicht zur Unterbindung der Benachteiligung, Diskriminierung oder Belästigung führen, können die Betroffenen ihre Tätigkeit für den Arbeitgeber einstellen oder ihre Dienstleistung verweigern (§ 14 AGG).

Ein Verlust des Arbeitsentgelts droht nicht. Die Leistung kann so lange verweigert werden, bis der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen ergreift. Vor einer Leistungsverweigerung sollten sich Beschäftigte oder Betroffene unbedingt von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.

Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch

Verstößt der Arbeitgeber gegen die Benachteiligungsverbote des AGG und trifft ihn ein Verschulden, ist er zum Schadensersatz verpflichtet (§ 15 Abs. 1 AGG). Der Arbeitgeber hat den gesamten Schaden zu ersetzen, der durch die Benachteiligung, Diskriminierung oder Belästigung entstanden ist, z. B. den entgangenen Gewinn, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht eingestellt wurde.

Darüber hinaus ergibt sich aus § 15 Abs. 2 AGG ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch. Der Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG begründet einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist. Dieser ist auf drei Monatsgehälter begrenzt.

Jetzt kontaktieren

Haben Sie weitere Fragen zum Thema "Arbeitnehmer Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz"?

Rufen Sie uns an unter 09431 998 00 50 oder schreiben Sie eine Nachricht an mieschala@rechtsanwalt-mieschala.de.

Jetzt kontaktieren

5. Hat das AGG Auswirkungen auf eine Kündigung?

Nach § 2 Abs. 4 AGG gelten für Kündigungen ausschließlich die Vorschriften über den allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz. Danach wäre das AGG auf Kündigungen durch den Arbeitgeber nicht anwendbar. Da diese wörtliche Auslegung nicht europarechtskonform ist, gelten für Kündigungen lediglich vorrangig die Regelungen des Kündigungsschutzrechts.

Benachteiligt jedoch eine arbeitgeberseitige Kündigung den Arbeitnehmer wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, kann eine solche Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sein. Das AGG und sein Benachteiligungsverbot können daher als Maßstab für eine arbeitgeberseitige Kündigung herangezogen werden.

6. Wann ist eine Benachteiligung oder Ungleichbehandlung zulässig?

Eine unterschiedliche Behandlung kann jedoch im Einzelfall gerechtfertigt sein. Das AGG kennt in den § 5 und §§ 8 bis 10 AGG mehrere Rechtfertigungsgründe für eine unterschiedliche Behandlung wegen einer beruflichen Anforderung, wegen der Religion und wegen des Alters. So kann eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts gerechtfertigt sein, wenn das Geschlecht wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit ist.

Eine Ungleichbehandlung wegen des Merkmals Religion oder Weltanschauung kann für Beschäftigte von Religionsgemeinschaften gelten. Verfolgt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ein legitimes Ziel oder ist sie sachlich angemessen, z. B. in Form eines Höchstalters für die Einstellung, kann eine solche Ungleichbehandlung ebenfalls zulässig sein.

Nach § 5 AGG kann eine unterschiedliche Behandlung auch als positive Maßnahme auf die Beseitigung einer bestehenden Diskriminierung abzielen. Durch geeignete und angemessene Maßnahmen kann also auf bestehende Benachteiligungen positiv eingewirkt werden. Hierzu zählen z.B. Regelungen zur Gleichstellung behinderter Arbeitnehmer in einem Betrieb.

7. Fazit

  • Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein in 2006 in Kraft getretenes Gesetz, das Beschäftigte vor Benachteiligungen, Diskriminierungen und Belästigungen wegen bestimmter im Gesetz genannter persönlicher Merkmale oder Motive schützen soll
  • Die geschützte Merkmale im AGG umfassen Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität.
  • Mitarbeiter können bei Verstößen gegen das AGG Beschwerderecht, Leistungsverweigerungsrecht und Schadensersatz-/Entschädigungsansprüche geltend machen.
  • Kündigungen unterliegen vorrangig den allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzregelungen, können jedoch auch unter Berücksichtigung des AGG beurteilt werden.
  • Das AGG erlaubt in bestimmten Fällen unterschiedliche Behandlungen aus gerechtfertigten Gründen, wie berufliche Anforderungen, Religion oder Altersanforderungen. Es ermöglicht auch positive Maßnahmen zur Beseitigung von Diskriminierung.
Jetzt kontaktieren

Haben Sie Fragen oder wünschen Sie einen Termin für ein persönliches Gespräch?

Rufen Sie uns an unter 09431 998 00 50 oder schreiben Sie eine Nachricht an mieschala@rechtsanwalt-mieschala.de.

Jetzt kontaktieren

Bildquellennachweis: © itakdalee | Canva.com