Welche Anforderungen an ein Arbeitszeugnis können Sie verlangen und wie können Sie diese einfordern?
Für die berufliche Karriere ist das Arbeitszeugnis des letzten Arbeitgebers immer wichtig. Oft entscheidet der neue Chef bei mehreren Bewerbern mit gleicher Qualifikation aufgrund der Beurteilung Ihrer persönlichen Stärken, die Ihr alter Arbeitgeber angeführt hat.
Was passiert jedoch, wenn die ersehnte Post mit dem Zeugnis einfach nicht eintreffen will?
Was können Sie tun, wenn Ihr alter Arbeitgeber auf Ihre Anforderung für ein Arbeitszeugnis nicht reagiert?
Und wie verhalten Sie sich am besten, wenn Sie mit den Angaben oder Beurteilungen in Ihrem Zeugnis nicht einverstanden sind?
Lesen Sie in diesem Beitrag alles, was Sie rund um die Anforderung, ein Arbeitszeugnis zu erhalten, wissen sollten.
Inhalte der Seite
- Wer hat überhaupt Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
- Was unterscheidet ein einfaches von einem qualifizierten Arbeitszeugnis?
- Bis wann muss die Anforderung für ein Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber vorliegen?
- Kann ich eine Korrektur des Arbeitszeugnisses verlangen?
- Was kann ich tun, wenn der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis verweigert?
- Fazit
1. Wer hat überhaupt Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Alle Arbeitnehmer in Deutschland haben einen gesetzlich festgelegten Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, sobald das Beschäftigungsverhältnis endet.
Dieser Anspruch ist sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 650 fixiert als auch in § 109 der Gewerbeordnung festgeschrieben. Das Arbeitszeugnis ist zwingend an die schriftliche Papierform gebunden.
Es darf also nicht in elektronischer Form, beispielsweise als E-Mail, verschickt werden. Als Arbeitnehmer im Sinne des Rechts gelten Festangestellte, Praktikanten und Auszubildende, Teilzeit- und Vollzeitkräfte sowie Arbeitnehmer mit befristetem Vertrag.
Wichtig jedoch: Jeder Arbeitnehmer muss selbst die Anforderung für ein Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber stellen. Ihr Arbeitgeber ist erst in der Pflicht, wenn Sie es verlangt haben. Nur Ausbildungszeugnisse müssen ohne weitere Aufforderung automatisch ausgestellt werden.
2. Was unterscheidet ein einfaches von einem qualifizierten Arbeitszeugnis?
Sie haben nicht nur einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, Sie dürfen außerdem zwischen den beiden Möglichkeiten eines einfachen oder eines qualifiziertes Arbeitszeugnisses wählen.
Das einfache Zeugnis gibt lediglich Aufschluss über Ihre persönlichen Daten, die Dauer der Beschäftigung sowie die Art und den Umfang der Tätigkeiten, die Sie ausgeübt haben. Das qualifizierte Arbeitszeugnis enthält zudem eine Beurteilung Ihrer Leistungen und Fähigkeiten sowie Kommentare zu Ihren persönlichen Stärken und Ihrem Sozialverhalten.
Es ist insofern für einen späteren Arbeitgeber weitaus aussagekräftiger. Entscheiden Sie sich also prinzipiell immer für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, wenn Sie nicht gerade negative Einträge befürchten müssen.
3. Bis wann muss die Anforderung für ein Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber vorliegen?
Haben Sie selbst gekündigt, dann ist es ratsam, die Anforderung für ein Arbeitszeugnis direkt in das Kündigungsschreiben aufzunehmen – auch wenn Sie noch eine Weile weiter im Unternehmen arbeiten. Ansonsten gelten einige Fristen:
- Ein einfaches Arbeitszeugnis können Sie so lange anfordern, wie Ihr Unternehmen Zugriff auf die jeweiligen Mitarbeiterunterlagen hat.
- Für das qualifizierte Arbeitszeugnis gelten arbeits- und tarifvertragliche Zeitspannen, gesetzliche Regelungen und Fristen, die sich aus der jüngeren Rechtsprechung ergeben. Das hört sich zunächst komplizierter an, als es tatsächlich ist: Es gilt die absteigende Reihenfolge. Enthält der Arbeitsvertrag eine rechtskonforme Frist für die Zeugnis-Ausstellung, gilt diese. Wenn nicht, gelten die eventuellen Vereinbarungen des Tarifvertrages. Sind dort kein Angaben gemacht, greifen die Paragraphen des BGB, die eine Frist von bis zu drei Jahren vorsehen. Allerdings erachtet die aktuelle Rechtsprechung eine Zeitspanne von einem Jahr für die Anforderung, ein Arbeitszeugnis zu erhalten, als ausreichend. Sie geht davon aus, dass der Arbeitnehmer sich zeitnah nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses um sein Zeugnis kümmern muss, wenn er seinen Anspruch nicht verwirken will.
- In einigen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, wenn Sie Ihrer Anforderung für ein Arbeitszeugnis einen eigenen Entwurf beilegen, in dem Sie detailliert darlegen, was Sie im Unternehmen geleistet haben. Sie schreiben sich also quasi selbst ein Zeugnis.
4. Kann ich eine Korrektur des Arbeitszeugnisses verlangen?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach Auffassung der Gerichte zur einer „wohlwollenden Formulierung“ des Arbeitszeugnisses angehalten, um die berufliche Fortentwicklung seines ehemaligen Mitarbeiters nicht zu beeinträchtigen.
Wenn Sie daher mit Ihrem Zeugnis nicht zufrieden sind, können Sie es nachträglich korrigieren lassen.
Dieses Recht steht Ihnen nicht nur zu, falls Ihr ehemaliger Arbeitgeber formale Vorschriften nicht eingehalten hat, sondern auch wenn die angegebenen Tätigkeitsbereiche unvollständig oder Ihre Leistungsbewertungen nicht korrekt sind.
Das Landesarbeitsgericht Mainz hat in diesem Zusammenhang geurteilt, dass einem Arbeitnehmer bis zu zehn Monate Zeit zustehen, um eine Korrektur am Arbeitszeugnis einzufordern.
Sprechen Sie Ihren ehemaligen Arbeitgeber entweder persönlich an oder legen Sie schriftlich Widerspruch ein. Bei der Formulierung kann ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht konkret helfen.
5. Was kann ich tun, wenn der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis verweigert?
Hören Sie nach Ihrer Anforderung für ein Arbeitszeugnis längere Zeit nichts von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber, empfiehlt es sich zunächst eine Art Erinnerung in vorsichtig bestimmten Tonfall zu verschicken.
Bedenken Sie, dass die Formulierung eines qualifizierten Zeugnisses durchaus eine gewisse Zeit erfordert – und nicht immer muss böse Absicht hinter dem Versäumnis stecken. Sollte sich Ihr Arbeitgeber jedoch weiterhin nicht um Ihr Anliegen kümmern – auch nachdem Sie ihn schriftlich abgemahnt haben – bleibt als letzte Möglichkeit der Klageweg.
Konsultieren Sie dazu unbedingt vorab einen erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht, der durch umsichtige Einflussnahme oftmals verhindern kann, dass die ganze Angelegenheit überhaupt vor Gericht landet.
6. Fazit
Das in Deutschland geltende Recht auf ein Arbeitszeugnis ist gekoppelt an die Pflicht des Arbeitnehmers, eine eindeutige Anforderung für ein Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber einzureichen. Beide Parteien sind dabei an Fristen gebunden.
Bei Unstimmigkeiten über Zeitpunkt und/oder Inhalt eines Arbeitszeugnisses sollte der oft nervenaufreibende Gang vor das Arbeitsgericht immer die allerletzte Option sein.
Ein umsichtiger und kompetenter Fachanwalt für Arbeitsrecht kann im Vorfeld viele Wogen glätten und eine für beide Seiten einvernehmliche Lösung herbeiführen.
Haben Sie Fragen oder wünschen Sie einen Termin für ein persönliches Gespräch?
Rufen Sie uns an unter 09431 998 00 50 oder schreiben Sie eine Nachricht an mieschala@rechtsanwalt-mieschala.de.
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