Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall? Diese Ansprüche haben Arbeitnehmer

Sie sind erkrankt, bleiben verantwortungsvoll zu Hause und plötzlich bleibt das Gehalt aus.
Mit Sicherheit ist das ein Schock und die Frage: „Darf mein Arbeitgeber das?“, sofort präsent. Gerade wenn man erkrankt ist, möchte man sich nicht noch finanzielle Sorgen machen müssen, sondern schnell gesund werden. In diesem Artikel erklären wir, wann Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verweigern dürfen, wie lange Sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben und was Sie tun können, wenn trotz Krankmeldung keine Lohnfortzahlung erfolgt. Wir erläutern Ihnen anhand von Praxisbeispielen die rechtlichen Grundlagen und zeigen auf, wie Sie reagieren können.
Keine Lohnfortzahlung trotz Krankmeldung
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1. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) als rechtliche Grundlage

Das wichtigste Gesetz für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Es regelt, dass Sie als Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich für bis zu sechs Wochen ihren Lohn vom Arbeitgeber weitergezahlt bekommen (§ 3 EFZG).
Wichtig: Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht ab dem ersten Tag, sofern das Arbeitsverhältnis länger als vier Wochen besteht. In den ersten vier Wochen einer neuen Anstellung gilt die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nicht (§ 3 Abs. 3 EFZG).

2. So handeln Sie bei einer Erkrankung, um Ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu sichern

Um Ihren Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu sichern, muss eine nachweisbare Arbeitsunfähigkeit vorliegen. Zudem müssen Sie ohne eigenes Verschulden erkrankt sein.
Was heißt das in der Praxis? Grundsätzlich müssen Sie sich immer ab dem ersten Tag der Erkrankung bei Ihrem Arbeitgeber melden und anzeigen, dass Sie Ihre Leistung nicht erbringen können. Gleichzeitig muss die voraussichtliche Dauer der Erkrankung mitgeteilt werden.
Mit Ihrem Arbeitsvertrag bzw. im Rahmen der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen wurde festgelegt, wann eine ärztliche Bestätigung Ihrer Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber vorgelegt werden muss. Oftmals wird dieser Nachweis erst ab dem dritten Tag der Erkrankung verlangt. Achtung: Es gibt aber auch Fälle, in welche der ärztliche Nachweis bereits ab dem ersten Erkrankungstag vorliegen muss. Sofern Sie unsicher sind, raten wir Ihnen Ihren Arbeitsvertrag bzw. die betrieblichen Regelungen zu prüfen und ggf. nachzufragen. Sollte Ihre Erkrankung andauern, erwartet Ihr Arbeitgeber zu Recht, dass Sie den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig anzeigen und dass Sie ein neuerliches medizinisches Attest vorlegen.

3. Wann darf der Arbeitgeber Lohn trotz Krankmeldung einbehalten?

Grundsätzlich darf Ihr Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nur einstellen, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen oder Pflichten verletzt wurden. Folgende Fälle sind denkbar:
  • Verspätete Krankmeldung
Wer nicht unverzüglich seinen Arbeitgeber informiert oder die AU einreicht, riskiert Abmahnung oder sogar Kürzung der Lohnfortzahlung.
  • Verdacht auf vorgetäuschte Krankheit Arbeitgeber dürfen in seltenen Fällen den Medizinischen Dienst (MDK) einschalten. Bloße Vermutungen reichen allerdings nicht aus, um die Lohnfortzahlung einzustellen.
  • Eigenverschuldete Krankheit
In Ausnahmefällen, z. B. bei einer Verletzung durch grob fahrlässiges Verhalten (etwa Fahren ohne Helm auf dem Motorrad), könnte der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ebenfalls entfallen (§ 3 Abs. 1 EntgFG) Ein Praxisbeispiel, das aufzeigt, dass der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung nicht auf bloßen Verdacht einstellen darf: Ein Arbeitnehmer meldet sich montags krank, nachdem er am Wochenende auf einer Feier gesehen wurde. Der Arbeitgeber zweifelt die AU an und verweigert die Zahlung. Selbst wenn Zweifel am Verschulden bestehen: Solange eine gültige Krankmeldung vorliegt, darf die Lohnfortzahlung nicht eingestellt werden.
Ein Praxisbeispiel, das aufzeigt, dass der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung nicht auf bloßen Verdacht einstellen darf:
Ein Arbeitnehmer meldet sich montags krank, nachdem er am Wochenende auf einer Feier gesehen wurde. Der Arbeitgeber zweifelt die AU an und verweigert die Zahlung. Selbst wenn Zweifel am Verschulden bestehen: Solange eine gültige Krankmeldung vorliegt, darf die Lohnfortzahlung nicht eingestellt werden.

4. Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber trotz Krankmeldung nicht zahlt?

Wenn der Arbeitgeber im Krankheitsfall keine Lohnfortzahlung leistet, obwohl Sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) eingereicht haben, gibt es mehrere Schritte:
Schritt 1: Prüfen, ob ein Anspruch besteht
Besteht das Arbeitsverhältnis bereits länger als vier Wochen?
Liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor, die ärztlich bescheinigt ist?
Schritt 2: Gespräch suchen
Oft handelt es sich um Missverständnisse oder administrative Verzögerungen. Ein klärendes Telefonat kann Ihnen bereits helfen.
Schritt 3: Schriftlich zur Zahlung auffordern
Reichen Sie alle Bescheinigungen erneut ein und fordern Sie Ihr Gehalt schriftlich ein.
Schritt 4: Anwalt einschalten
Bleibt die Zahlung aus und können Sie keine Einigung erzielen, können Sie rechtliche Schritte einleiten. Inwieweit dies sinnvoll ist, kann ein Anwalt für Arbeitsrecht für Sie prüfen. Ggf. wird er die Entgeltzahlung gerichtlich einklagen. Sollte Ihr Arbeitgeber die Zahlung unberechtigt verweigert haben, muss er die entstehenden Kosten tragen.
Ein Fallbeispiel: Eine Krankenschwester meldete sich ordnungsgemäß krank, aber erhielt nach drei Wochen kein Gehalt. Der Arbeitgeber behauptete, die AU sei nicht rechtzeitig eingegangen. Nach Vorlage des Einlieferungsbelegs und anwaltlicher Aufforderung zahlte der Arbeitgeber umgehend den ausstehenden Betrag nach.

5. Eine Besonderheit Krankmeldung zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses

Wer innerhalb der ersten vier Wochen krank wird, erhält gem. Entgeltfortzahlungsgesetz kein Gehalt vom Arbeitgeber. In diesem Fall müssen Sie sich sofort bei Ihrer Krankenkasse melden und Ihre Erkrankung nachweisen. Versäumen Sie dies, riskieren Sie Versorgungslücken.
Ganz wichtig: Selbst wenn Ihr Arbeitgeber innerhalb der ersten vier Wochen keine Verpflichtung zur Lohnfortzahlung trifft, müssen Sie als Arbeitnehmer auch ihm die Erkrankung fristgerecht anzeigen und deren voraussichtliche Dauer mitteilen.

6. Erneute Krankschreibung mit derselben Diagnose

Sie besitzen einen Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung bzw. 42 Tage. Dieser gilt pro Erkrankung. Das heißt, wenn also dieselbe Krankheit erneut auftritt und kein Zeitraum von mehr als sechs Monaten zwischen den Erkrankungen vergangen ist, besteht kein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch Ihren Arbeitgeber (§ 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG).
Praxisbeispiel: Ein Mitarbeiter ist wegen eines Bandscheibenvorfalls fünf Wochen krank, arbeitet kurz und fällt nach drei Monaten erneut wegen derselben Diagnose aus. Der Arbeitgeber muss nur noch eine Woche zahlen, danach zahlt die Krankenkasse Krankengeld.

7. Wann endet der Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Der Arbeitgeber ist maximal 6 Wochen bzw. 42 Kalendertage pro Krankheitsfall zur Fortzahlung Ihres Entgelts verpflichtet. Ist dieser Zeitraum abgelaufen, haben Arbeitnehmer anschließend für bis zu 78 Wochen innerhalb von 3 Jahren pro Krankheit Anspruch auf Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse. Das Krankengeld beträgt ca. 70 % des Bruttogehalts, maximal 90 % des Nettogehalts. Nach Ablauf von 78 Wochen endet das Krankengeld. Es erfolgt die sogenannte Aussteuerung. Arbeitnehmer müssen sich dann oft arbeitslos melden oder einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Achtung: Die Prüfung nimmt Zeit in Anspruch. Melden Sie sich unbedingt rechtzeitig zur Prüfung Ihres Anspruches.

8. Kennen Sie Ihre Rechte
Wenn Ihr Arbeitgeber trotz Bescheinigung nicht zahlt, ist das meistens rechtswidrig. Unser Rat: Dokumentieren Sie alles, reichen Sie Bescheinigungen rechtzeitig ein und scheuen Sie sich nicht, unsere professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das Entgeltfortzahlungsgesetz bietet Arbeitnehmern einen klaren Schutz – Sie müssen ihn nur kennen und durchsetzen. Bereits ein anwaltliches Schreiben kann Ihnen weitere Ärgernisse ersparen.
Lassen Sie sich beraten und unterstützen und merken Sie sich: Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber beweisen, nicht Sie!

9. Fazit

  • Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht in der Regel für bis zu 6 Wochen pro Krankheitsfall
  • In den ersten 4 Wochen eines neuen Arbeitsverhältnisses zahlt statt des Arbeitgebers die Krankenkasse
  • Der Arbeitgeber darf die Zahlung nur bei berechtigten Zweifeln oder Pflichtverletzungen einstellen
  • Nach Ablauf der 6 Wochen erhalten Arbeitnehmer Krankengeld
  • Krankmeldungen müssen rechtzeitig und korrekt vorgelegt werden
  • Bei unberechtigter Zahlungsverweigerung sollte man schriftlich reagieren und anwaltliche Hilfe einholen
  • Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit muss immer der Arbeitgeber beweisen

10. FAQ

Bekomme ich sofort eine Lohnfortzahlung, wenn ich krank werde?
Ja, sofern Ihr Arbeitsverhältnis länger als vier Wochen besteht.
Was passiert, wenn mein Arbeitgeber trotz Krankmeldung nicht zahlt?
Fordern Sie die Zahlung schriftlich ein, reichen Sie Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erneut ein und ziehen Sie im Zweifel einen Anwalt für Arbeitsrecht hinzu, um Ihre Ansprüche durchzusetzen.
Darf der Arbeitgeber einfach den Lohn einbehalten, wenn er Zweifel an meiner Krankheit hat?
Nein, bloße Vermutungen reichen nicht aus. Der Arbeitgeber muss konkrete Anhaltspunkte haben und kann ggf. den Medizinischen Dienst einschalten, darf aber nicht ohne Beweise die Zahlung stoppen.
Was kann ich tun, um meinen Anspruch auf Lohnfortzahlung zu sichern?
Melden Sie sich ab dem ersten Krankheitstag bei Ihrem Arbeitgeber, reichen Sie Bescheinigungen fristgerecht ein und dokumentieren Sie alles sorgfältig. So vermeiden Sie unnötige Streitigkeiten.
Kurt Mieschala

Über den Autor

Kurt Mieschala ist seit dem Jahr 2000 als selbstständiger Rechtsanwalt in Schwandorf tätig. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der rechtlichen Beratung von Unternehmen und Privatpersonen.
Als zertifizierter Datenschutzauditor (DSA–TÜV) und Datenschutzbeauftragter (TÜV SÜD Akademie) berät er zudem umfassend zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen. Unternehmen, Arbeitnehmer und Verantwortliche in der IT-Branche vertrauen auf seine rechtssichere und praxisorientierte Beratung, wenn es um Arbeitsrecht, Datenschutz oder IT-Recht geht.
Bildquellennachweis: © wakila | Canva.com
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Rechtsanwalt Kurt Mieschala ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für IT Recht.
Rechtsanwalt Kurt Mieschala ist außerdem als Datenschutzbeauftragter tätig.
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